Tag Archiv: Stiftung Bündnis Mensch & Tier

Die Przewalski-Pferde in der Döberitzer Heide

Magazin Piaffe 1/2019

In einem einmaligen Wildnisgroßprojekt unmittelbar vor den Toren von Berlin und Potsdam hat die Heinz Sielmann Stiftung auf dem früheren Truppenübungsplatz „Döberitz“ einige fast ausgestorbene Wildtierarten angesiedelt. Auf etwa 3600 Hektar leben heute 24 Przewalski-Pferde gemeinsam mit Wisenten und Rothirschen in „Sielmanns Naturlandschaft Döberitzer Heide“. Wisent und Przewalski-Pferd galten im 20. Jahrhundert als fast ausgestorben. Lediglich ein paar Tiere gab es noch in Zoos und Gehegen.

Wir fahren in die „Wildniskernzone“, dem 1850 Hektar umfassenden inneren Teil des Naturschutzgebietes. Der Bereich ist doppelt umzäunt und kameraüberwacht, die Tore fest verschlossen. Das Areal ist für Besucher normalerweise nicht zugänglich. Lange sandige Wege des ehemaligen Militärgeländes durchziehen dichten oder lichten Wald und freie Flächen, man sieht alte Panzergräben und Krater. Die dort lebenden Tiere können sich frei bewegen, sie tragen keine Sender. Es bedarf also einer Portion Glück, sie anzutreffen. Auf der Suche nach den Przewalski-Pferden steuern wir die erste Wasserstelle an. In große, gemauerte Becken wird an mehreren Orten im weitläufigen Gelände Grundwasser mit Solarpumpen heraufgepumpt, so dass alle Bewohner der Wildniskernzone zu trinken haben. Doch diese Wasserstelle wirkt verlassen. Die Spuren im trockenen Sand geben keine Hinweise ob hier kürzlich jemand seinen Durst gestillt hat. Eigentlich wollen wir weiterfahren, als wir leises Knacken unter den Bäumen vernehmen.

(...)

Rast mit wildlebenden Pferden

Przewalski-Wallach Lex und seinen kleinen Harem treffen wir wieder an einem sandigen Fahrweg in der Wildniskernzone. Sie sind nicht in Eile, doch machen sie den Anschein, als hätten sie etwas vor. Sie überqueren zielstrebig den Weg und verschwinden im lichten Wald zwischen den Bäumen. Wir fahren weiter auf dem Weg, umrunden den Wald und erreichen eine ausgedehnte Ebene nahe dem Ferbitzer Bruch, die „Wüste“ genannt wird. Es ist ein weites, offenes Gebiet mit sandigem Boden und geringer Vegetation. In der Mitte etwa befindet sich eine große Sandkuhle, die von den Pferden gerne aufgesucht wird. An den verfallenen Überresten eines alten Bunkers halten wir an und packen unsere Pausenbrote aus. Und tatsächlich geschieht das, was wir kaum zu hoffen wagten. Fast unmerklich taucht die kleine Herde auf dieser Seite des Waldes wieder auf. Farblich gut getarnt kommen sie langsam zwischen den Bäumen hervor und schlendern den Hang herunter. Natürlich haben sie uns längst gesehen, aber wir stellen wohl keine Gefahr dar. In kleinen Grüppchen und immer wieder grasend spazieren sie an uns vorbei. Die Leitstute steuert als erste die Sandkuhle an und positioniert sich dort. Ganz ohne Eile gesellen sich die andern nach und nach dazu. Sie stehen in einer Formation, es könnten angestammte Plätze sein und sie haben dabei die ganze Ebene auf dem Radar. So dösen sie langsam in ihrem Mittagsschlaf hinüber und halten Siesta.

Die Döberitzer Heide ist ein Mosaik von unterschiedlichsten Biotopen. Die in der Wildniskernzone lebenden Przewalski-Pferde tragen als große Pflanzenfresser neben Wisenten und Rothirschen maßgeblich zur Landschaftsentwicklung bei. Die Ringzone drumherum ist von Wander- und Reitwegen durchzogen und dient als Naturerlebnisraum der Region Berlin-Potsdam, es gibt Picknickplätze und einen Aussichtsturm. Besucher genießen die wilde Natur und mit etwas Glück kann man auch die Przewalski-Pferde erspähen.

Doris Semmelmann

Das Schaf wird immer eine wollige Insel der Friedfertigkeit unter all den Scharfmachern sein

"Wenn es uns gelingen sollte, das Schöne und das Nützliche, in einer Gestalt zu vereinen, dann sehen wir ein Wesen vor uns stehen, das uns gleichermaßen fremd und vertraut ist, kurz gesagt: Wir sehen ein Schaf."

 

schreibt die Süddeutsche Zeitung am 19. Januar 2018 in der Glosse "Das Streiflicht", weil die Stiftung "Bündnis Mensch und Tier" das Schaf zum Haustier des Jahres 2018 ernannt hat.

Schön und nützlich, flauschig und bescheiden. Genügsamkeit wird dem Schaf zugesprochen, es wolle nur eine gute Weide. Zudem sei es nicht nachtragend und teamfähig. Der ideale Zeitgenosse also. In der Tat.

Werbung für Ostfriesland.de

Und damit ist es uns Menschen gar nicht so unähnlich. Auch wir wollen so etwas wie eine gute Weide, wir wollen uns wohlfühlen, da wo wir sind und ausreichend Futter haben. Auch wenn uns - ebenso wie dem Schaf - das Gras auf der anderen Seite des Zauns manchmal grüner erscheint. Vielleicht probiert man es aus und merkt, dass das Gras grüner aussah als es tatsächlich ist. Vielleicht enthält es auch Glyphosat oder ist mit Bullshit gedüngt, so dass man gern auf der altbewährten Weide bleibt.

Dass Schafe nicht nachttragend und teamfähig sind, leuchtet ein, denn sie sind Herdentiere. Die Herde als Gruppe ist stärker als ein einzelnes Schaf alleine. Die Schafe wissen das und darum ist zickiges Geblöke meist schnell wieder vorbei. Zudem gibt es immer noch den Schäfer, der vorne sagt, wo es lang geht und den Schäferhund, der aufpasst, dass keiner abhandenkommt. Auch ganz angenehm, wenn die anderen die Verantwortung übernehmen.

Kommt Ihnen das bekannt vor? Ja?

Weil Schafe uns Menschen bei den Bedürfnissen gar nicht so unähnlich sind, eignen sie sich hervorragend als Co-Trainer im Team-Building. Karriere, Titel und Firmenwagen interessieren sie nicht die Bohne, solange die Basis nicht stimmt. Vielmehr machen sie deutlich, um was es wirklich geht: Sicherheit, Zusammenarbeit und gute Führung. Das wird in jedem Teamtraining klar. Und noch was können wir von den Schafen lernen: Durchhaltevermögen und Frustrationstoleranz. Sie wechseln nicht die Herde, weil der Schäfer mal einen Umweg geht. Sie sind weder agressiv noch depressiv, weil das andere Schaf größere Hörner hat.

Die SZ nennt es "eine wollige Insel der Friedfertigkeit unter all den Scharfmachern". Oder, einfacher ausgedrückt, mit dem norddeutschen Sprichwort:

Sturm ist erst, wenn die Schafe keine Locken mehr haben.

#HaustierdesJahres : Schaf