Tag Archiv: monty roberts

Premiere: Horse Sense & Healing Germany

Ein Workshop mit Monty Roberts für PTBS-Betroffene, im Oktober 2018 erstmals in Deutschland

Trüber könnte der Tag nicht sein, Ende Oktober, auf einem Pferdehof in Bayern. Langsam trudeln alle ein, zum Workshop Horse Sense & Healing mit ‚Pferdeflüsterer‘ Monty Roberts. Die Teilnehmer leiden an PTBS, Post-Traumatischer-Belastungsstörung. Sie haben ein Trauma erlebt und kämpfen aktuell mit dessen Folgen. Panikattacken, Flashbacks, Alpträume oder Schlafstörungen machen ihnen zu schaffen, ständige Anspannung und Atemnot. Sie alle haben Therapien hinter sich, Klinikaufenthalte, Medikamente. Durchaus hat manches geholfen, aber geheilt fühlt sich keiner. Nun wissen sie alle nicht so recht, was sie erwartet. „Muffensausen“ nennt es einer. Was immer ihnen dieser Pferdeflüsterer erzählen will, sie haben den Mut, es auszuprobieren.

(Fotos: Katrin Junker)

Monty Roberts ist eine charismatische Persönlichkeit. Während er anfängt zu erzählen, breitet sich im Reiterstübchen Wärme aus. An 1954 erinnert er sich zurück, als er als junger Mann in der Telefonseelsorge arbeitete und die Veteranen des Koreakriegs anriefen. Manchen hat der Kontakt zu Pferden geholfen, auch später dann den Veteranen aus Vietnam. Von PTBS sprach damals noch keiner. Erst in unserer Zeit wird diese Erkrankung beim Namen genannt.

Neben all den Pferdetrainings, Shows und Problempferden liegt Monty Roberts seit jeher die Arbeit mit Menschen am Herzen. So kam er 2010 auf die Idee, ein Experiment zu wagen. Er wollte 30 Ex-Soldaten, die an PTBS leiden auf seiner Farm in Kalifornien haben, für 30 Tage, und gemeinsam mit dem Military Channel der BBC dokumentieren, was sich verändert. Das Experiment fand statt, allergings mit ein paar Abstrichen: nur 3 Soldaten, nur 3 Tage. Trotzdem war es erfolgreich. Die Teilnehmer fanden zurück ins Leben, Symptome ließen nach, der Alltag erschien lebenswerter. Seither finden diese Workshops regelmäßig, mehrmals pro Jahr auf Montys Farm in Kalifornien statt. Auch in England gibt es Termine. Und nun auch in Deutschland.

Es ist eine Mischung aus Gesprächen in der Gruppe, mit den begleitenden Therapeuten und insbesondere auch untereinander. Dazu kommt die Arbeit mit den Pferden: Monty Roberts‘ Join-Up®. Jeder Teilnehmer hat Gelegenheit, nach ausführlicher theoretischer Erklärung und einem Praxistraining, bei dem ein anderer Teilnehmer das Pferd spielt, dann mit fachlicher Anleitung eines Instruktors, dieses Join-Up selbst auszuprobieren. Das ist das Herzstück des Workshops. Eine gezielte Kommunikation mit dem Pferd, bei der klare Signale gesendet werden und man auf ebenso klare Gesten des Pferdes als Rückmeldung wartet. Eine extrem wirksame Selbsterfahrung in vielerlei Hinsicht. Es geht um Vertrauen, Respekt und Sicherheit; um klare Kommunikation, Selbstregulation und ums Durchhalten. Auf eine nicht erklärbare Weise scheinen die Pferde den heilen Menschen hinter der traumatischen Verletzung zu sehen und diesen sichtbar zu machen.

Was sollen drei Tage schon bewirken, fragte sich mancher zu Beginn. Eine Statistik hält es fest: eine Verbesserung des persönlichen Befindens um 146%, vom ersten Tag des Workshops bis zum dritten. Resultate um die 150% erreichen alle diese Horse Sense & Healing Workshops, bestätigt diese Statistik. Ein noch besserer Beweis sind die lächelnden Gesichter auf dem Gruppenfoto zum Abschluss. „Die Zukunft sieht hell aus. Zum ersten Mal seit langem“, schreibt ein Teilnehmer ins Feedback-Formular. Dieses Gefühl, wenn das Pferd stark, warm und zugleich verletzlich an deiner Schulter steht, diesen Moment nimmt man mit in den Alltag, als Anker, als Ressource, als Kraft, die durch dunklere Zeiten hilft.

Oktober 2018

Lomitas – ein aussergewöhnliches Rennpferd

Druck erzeugt Gegendruck

oder wie sollte intelligentes Pferde- Training aussehen?

Der Dokumentarfilm von Gestüt Fährhof über das Ausnahme-Rennpferd Lomitas „His Story“ hat 2016 in New York den Equus Award - den Pferde Oscar – gewonnen.

An dem Beispiel von Lomitas kann man erahnen, dass Vollblüter überaus sensibel auf jede Art von Vorgängen reagieren. Sowohl im negativen Sinn, als Lomitas nicht mehr in die Startbox ging – wie auch im positiven Sinn, als er es nach dem Training mit dem Pferdeflüsterer Monty Roberts wieder tat - so als wären all die Dramen nicht gewesen. Auf den Punkt gebracht: Wäre Lomitas nicht so clever und intelligent gewesen, wäre er nicht so ein Ausnahmerennpferd geworden. Den Kurzfilm „Lomitas – His Story“ sehen Sie hier, mit freundlicher Genehmigung von Gestüt Fährhof.

Lomitas, 1988 geboren, startete als talentierter Zweijähriger seine Rennkariere. Wenn er lief, gewann er mit Leichtigkeit. Er hatte ein paar Schwierigkeiten mit Transportern und Startboxen, aber mit dem was folgte, hatte keiner gerechnet. Das große Desaster kam, als Lomitas seine Entscheidung getroffen hatte, NICHT in die Startbox zu gehen. Niemals! Das Pferd hatte beschlossen nicht mehr zu kooperieren. Es war nicht nur peinlich, es zeigte Grenzen auf und hätte das Ende seiner Karriere bedeutet. Lomitas war gesperrt, sein Züchter Walter J. Jacobs und Trainer Andreas Wöhler gaben ihn aber nicht auf und wollten jeden gangbaren Weg beschreiten, um eine Lösung zu finden. Diese war dann ein gewisser Monty Roberts, der Pferdeflüsterer …

Monty Roberts sagt selbst, dass Lomitas zu den wichtigsten Pferden seines Lebens gehört. Er unterteilt seine Arbeit in die Zeit vor Lomitas und die danach. Schnell fand er damals heraus, dass Lomitas‘ Problem tatsächlich Klaustrophobie war, er mochte keine Enge. Und weil er wiederholt gezwungen worden war, die Enge in Startboxen und Transportern auszuhalten, fürchtete Lomitas zu recht, dass es immer noch schlimmer kommen würde und trat in Streik. Die eigentliche Arbeit des ‚Pferdeflüsterers‘ Monty Roberts hat aber nichts mit Flüstern und Zaubern zu tun, sondern mit dem Aufbau von Vertrauen und Sicherheit.

Beim Interview im April 2016, das ich für das Magazin PIAFFE mit Monty Roberts führte, schweiften wir kurz zum Thema ‚Rennpferde‘ ab. Er erzählt: „Junge Vollblüter kennen es nicht, sich an etwas anzustoßen, bis sie zum ersten Mal in eine Startmaschine gehen. Sie erschrecken, wenn sie die Seitenwand berühren und mindestens die Hälfte aller Jungpferde kämpft dagegen an. Jedes Pferd, das in der Startbox kämpft, verliert dann aber mindestens eine Länge im Rennen.“ Im Film „Secretariat“ gibt John Malkovich als Trainer ‚Lucien Laurin‘ seine Einschätzung des Rennpferdes so ab: „Er lehnt sich an die Startbox, als wär‘s ‘ne Hängematte in der Karibik“. Er beschreibt dasselbe Problem. Monty Roberts plädiert dafür, dass jedes Rennpferd darin trainiert werden sollte, einem Druck auszuweichen. Denn von Natur aus reagiert ein Pferd auf Druck, indem es instinktiv dagegen drückt, sich in den Druck hineinlehnt. Wer schon einmal versucht hat, ein Pferd zur Seite zu schieben, kennt das wahrscheinlich. Das Pferd lehnt sich mit aller Kraft dagegen. Die Natur hat das so eingerichtet, da sich Raubtiere meist in die Flanken der Wildpferde verbissen haben. Um schlimmeren Verletzungen zu entgehen, die entstanden wären, würden die Pferde dem Druck weichen, habe sie gelernt, dagegen zu drücken und zu kämpfen. Heutzutage haben ausgebildete, trainierte Pferde gelernt, dem Druck zu weichen. Seitengänge oder Galoppwechsel in der Dressur sind beste Beispiele dafür.

Monty Roberts und Doris Semmelmann im April 2016 beim Interview im Haupt- und Landesgestüt Schwaiganger
Foto: Paulina Vogelgsang

Doch bei Training von Rennpferden ist das (noch) nicht üblich. „Sie sollten es können, bevor sie das erste Mal eine Startmaschine betreten. Man kann ihnen das in weniger als einer Woche beibringen.“ erklärt Monty Roberts weiter. Vor unserem Interviewtermin hatte er gerade ein Fohlen trainiert, das so sensitiv war, dass es alles über den Haufen rannte, wenn es mit etwas in Berührung kam, das es nicht sehen konnte. Es muss lernen, weder dagegen zu drücken noch zu fliehen, wenn es von etwas berührt wird.

Auch für Lomitas wäre die Startbox kein Problem gewesen, wenn er das als junges Pferd gelernt hätte. „Man stelle sich vor, ich hätte mit dem ersten Fohlen der Evolution trainieren können, auf Druck zu weichen – Startmaschinen wären niemals ein Problem geworden.“ philosophiert Monty Roberts. Man stelle sich vor, wir würden die Intelligenz der Pferde nutzen, um ihnen etwas beizubringen. Man stelle sich vor, wir würden ihnen eigenständiges Lernen ermöglichen, anstatt mit Zügeln, Sporen und Gerten Reaktionen erzwingen. Man stelle sich vor, wir hätten das Phänomen von Druck und Gegendruck wirklich verstanden. Wieviel einfacher wäre das?

Doris Semmelmann,
Dezember 2016

"Pferde müssen lernen, dem Druck zu weichen", erklärt Monty im Video. Für Dressur- oder Western-Pferde ist es normal, für Rennpferde aber leider nicht. Doch wenn Rennpferde sich in der Startbox zuerst gegen den Druck der Railways lehnen, dann müssen sie, wenn das Tor aufgeht, sich aufrichten und nach vorne ausrichten. Das kostet sie eine halbe Länge. Was ist schon eine halbe Länge? Im Rennsport ist es die Grenze zwischen Sieg und Niederlage!

Das Erbe des Pferdeflüsterers

Das Erbe des Pferdeflüsterers
Magazin Piaffe 2/2016

Monty Roberts spricht über seine Ziele und seine Kritiker, über seine Arbeit mit Traumata bei Pferden und Menschen und seinen Wunsch für die Zukunft.

81 Jahre ist er mittlerweile alt. Und noch immer auf Tour. Diesmal in der ausverkauften Halle auf dem Haupt- und Landesgestüt Schwaiganger in Bayern. Professionell anmoderiert und von einer Fanfare begleitet betritt Monty Roberts den Roundpen – seine Bühne. Seit 28 Jahren macht er Shows wie diese. Ich finde, es hat sich eigentlich nicht viel verändert zu der ersten Show, die ich gesehen habe: 2002 in München, die mit dem berüchtigten Umbrella- Horse, das panische Angst vor Regenschirmen hatte. Zwischenzeitlich ist Regenschirm-Schrecktraining sogar Bestandteil der GHP.

„Die Arbeit mit den Pferden hat sich enorm verändert in den letzten 30 Jahren“, sagt hingegen Katrin Junker, Instuktorin aus Montys Team. „Züchtungen, Reitweisen, Therapien, Horsemanship und wissenschaftliche Studien beeinflussen und bereichern heute Arbeit mit Pferden.“ Und trotzdem scheinen sich die Probleme nicht zu verändern. In Monty Roberts‘ Demonstrationen gibt es seit Jahrzehnten immer „Starter“, „Spooky“ und „Non-Loader“, also Pferde, die noch keinen Sattel und Reiter kennen, Pferde, die sich vor etwas fürchten und Pferde, die sich nicht verladen lassen.

(...)

Was bringt Pferdebesitzer dazu, ihr Pferd für eine Show anzumelden? Immer wenn sogenannte „Problempferde“ gesucht werden, egal ob für Shows von Monty Roberts oder anderen, für Vorführungen auf der Equitana oder für Demo-Tage in Reitställen, früher oder später erfolgt der Aufschrei. „Wie kann man nur!?!“ Wie kann man sein Pferd nur diesem Stress aussetzen; wie kann man es oder sich nur so zur Schau stellen; warum macht man nicht selber zu Hause einfach gute Pferdearbeit? Ich habe in all den Jahren viele dieser „Problempferde“-Besitzer gesehen, gehört und gesprochen und ich habe die Verzweiflung in ihren Geschichten gespürt. Es ist nicht so, dass sie es sich leicht machen wollen oder ein kostenloses Training ergattern oder selbst im Rampenlicht stehen. Vielmehr sind es Geschichten von Mensch-Tier-Beziehungen, die harmonisch angefangen haben, dann kam ein Problem – plötzlich oder schleichend – und hat ein solches Ausmaß angenommen, dass die meisten dieser Besitzer nach einer Odyssee von Tipps, Trainern und Therapeuten nun in einer Veranstaltung ihr Pferd vorstellen und es ihnen egal ist, wie viele Menschen zuschauen. Oft sagen sie, dies ist die letzte Chance, für sie, für das Pferd oder für beide. Sieht man sich diese Pferde und ihre Probleme dann objektiv an, muss man in der Regel erkennen, dass weder versierte Kappzaum-Arbeit noch geübtes Seilschwingen ausreichen werden, um ein solches Pferd reitbar, handhabbar oder verladbar zu machen. Technik alleine reicht nicht aus, genauso wenig wie Streicheleinheiten oder Leckerlis. Es geht um etwas anderes.

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Fluchttiere

Mit Monty Roberts, dem Pferdeflüsterer, bei einem Jugendprojekt für pferdeunterstütztes psychosoziales Lernen Pferde sind Fluchttiere, das ist mittlerweile weitestgehend bekannt. Als Fluchttier wird ein Tier bezeichnet, das beim ersten Anzeichen von Gefahr die Flucht ergreift. Es sind höchst aufmerksame Tiere, die ständig ihre Umgebung nach Gefahren absuchen. Eigentlich sind sie Pflanzenfresser, die Beute für Raubtiere und nicht geboren zu kämpfen. Entdecken sie eine potentielle Gefahr, treten sie sofort die Flucht an, anstatt zum Angriff überzugehen. Fluchttiere sind beispielsweise Antilopen, Hasen oder eben Pferde. Der Mensch hingegen gilt als Raubtier, aber so ganz verallgemeinern lässt sich das nicht. Unter den Menschen gibt es ebenfalls Fluchttiere. Ein jeder von uns kennt Situationen, in denen man lieber die Flucht ergreift, anstatt zu kämpfen. Schon im normalen Alltag gibt es immer wieder Fluchtszenarien wie Ausflüchte und Ausweichstrategien. Wir sind nicht immer auf der Jagd, wir haben auch eine Fluchtkultur und wenn es langweilig oder zu anstrengend wird, flüchten wir gern mal in den Konsum von Schokolade oder ins Fernsehprogramm. Monty Roberts hat noch mehr Beispiele. Er sagt: das Fluchttier Pferd bittet darum, nicht angegriffen zu werden und Mitglied im Herdenverband bleiben zu dürfen. Gerade Kinder und Frauen verhalten sich oftmals genauso wie Fluchttiere. Sie schrecken zurück, wenn sie körperlich oder verbal angegriffen werden und laufen weg. Häufen sich solche Angriffe, werden diese negativen Erfahrungen das psychische Gepäck, das ein Mensch mit sich herumschleppt. Wenn einem Kind dauerhaft die Möglichkeit verwehrt bleibt, Zuversicht und Vertrauen zu Erwachsenen aufzubauen, staut sich der Groll auf und wird sich irgendwann entladen, in ähnlicher Form wie es ihm die Erwachsenen vorgelebt haben. Auch später als Teenager und junge Erwachsene sind diese Kinder dann meist noch immer nicht in der Lage zielgerichtet zu kommunizieren und über ihre Probleme und Bedürfnisse zu sprechen. Von frühester Kindheit an wurden solche Verhaltensmuster geprägt. Wut und Enttäuschung sind noch immer zu spüren, wenn Monty Roberts von seiner eigenen Kindheit spricht. Er erzählt, wie sein kindlicher Enthusiasmus und seine Zuversicht vom Vater mit Schlägen und Misshandlungen quittiert wurden. Die 72 gebrochenen Knochen, bevor er 12 Jahre alt war, resultierten nicht von Stürzen vom Pferd, auch wenn es gegenüber den Ärzten so dargestellt wurde. Vor der Gewalt und Zurückweisung der Erwachsenen flüchtet das Kind Monty damals in die Gesellschaft der Pferde. Ich habe viele ähnliche Geschichten gehört, nicht nur von Kindern. Auch Erwachsene bevorzugen die Gesellschaft von Tieren, wenn sie von Menschen enttäuscht wurden. Tiere wiederum suchen von Natur aus nach Zufriedenheit und Wohlgefühl und besonders Pferde finden das im Zusammensein mit Artgenossen oder auch Menschen. Tiere haben keine Vorurteile, aber sie fordern alles von uns: Körper und Geist, Verstand und Seele. Vor vielen Jahren habe ich eine Veranstaltung organisiert, bei der Monty Roberts nicht Problempferde sondern Problemkinder trifft: geistig oder körperlich Behinderte, Waisen, Hyperaktive, Schwererziehbare. Es war faszinierend zu sehen, wie er ihnen begegnet, welches Leuchten er in ihre Augen zaubert und mit welcher Intuition er gerade das Mädchen auswählt mit dem Pferd in den Roundpen zu gehen, das an diesem Nachmittag seine größte Angst überwindet. Seitdem bin ich fasziniert von der Arbeit mit Menschen und Pferden. Während seiner Tour durch Österreich im April 2011 kann ich Monty Roberts für ein weiteres Projekt interessieren. In Innsbruck besuchen wir einen Pferdehof, wo Jugendliche mit Pferden arbeiten. Diese Teenager sind die schwierigsten Fälle der Tiroler Jugendwohlfahrt, die Aufgrund ihrer Problemfülle besonderer und individueller Betreuung bedürfen. Manche haben soziale Defizite, Drogenprobleme, sind orientierungslos oder drohen in die Kriminalität abzurutschen. Von den Pferden lernen sie, sich auf vertrauensvolle Beziehungen einzulassen, Verantwortung zu übernehmen und Strukturen zu akzeptieren. Diese Arbeit beruht auf erlebnis- und lösungsorientierten Ansätzen. Die Diplom Lebens- und Sozialberaterin Carina Prantl arbeitet in Kooperation mit der Sozialeinrichtung „Das Netz“ nach dem EAGALA Modell, das Monty auch in USA unterstützt. Das Tiroler Projekt wurde 2010 mit dem dritten Preis im Rahmen der Konferenz „Tiere als Therapie“ (TAT) ausgezeichnet. Als ich morgens auf den Pferdehof komme, ist alles bestens vorbereitet. Die Pferde sind geputzt, Stühle aufgestellt und es ist wunderschönes Frühlingswetter. Monty Roberts steigt aus dem Auto, wie man ihn von Fotos kennt: blaues Hemd, rotes Halstuch, braune Jeans und die englische Schirmmütze. Jeden einzelnen begrüßt er persönlich und gibt ihm die Hand, jedem Jugendlichen, jedem Betreuer. Eine Begrüßung ist kein großer Aufwand sagt er, aber sie zeigt dem anderen, dass er dir wichtig ist. Als erstes möchte er dann von den Jugendlichen wissen, was sie über ihn wissen. Nicht um sich wichtig zu machen oder als VIP zu gelten, sondern das genaue Gegenteil: um ihnen zu sagen, dass er ein ganz normaler Mensch ist, wie sie selbst. Er stellt sich auf dieselbe Stufe, er ist nicht der Pferdeflüsterer aus dem Film und stellt gleich mal klar, dass er sich von dem Film distanziert, wegen der Gewalt gegenüber dem Pferd, die dort gezeigt wird. Das Thema Gewalt wird auch der rote Faden sein, der sich durch die Gespräche zieht. Er erzählt aus seiner Kindheit, von der Gewalt, die ihm sein Vater angetan hat, von verlorenem Vertrauen in den Vater und ebenso in die Ärzte und Lehrer, die ohne weiteres immer glauben wollten, dass seine Verletzungen von Stürzen vom Pferd herrühren würden und nicht von Schlägen und Misshandlungen. Drogen und Alkohol werden meist als Ursachen für die Probleme von Jugendlichen gesehen. Ungefähr 15 Jahre alt waren sie, erzählen die Jugendlichen, als sie zum ersten Mal damit in Berührung kamen. „Und wie alt warst du, als du das erste Mal Gewalt in deinem Leben erfahren hast?“ fragt Monty jeden von ihnen. Fünf oder sechs Jahre alt sagen sie und es herrscht ein kurzer Moment Schweigen. Vier Jahre alt war er selbst sagt Monty und als er dann älter wurde, hat er angefangen American Football zu spielen. Er wollte jeden angreifen der das Trikot mit der anderen Farbe trug, erfahrene Gewalt mit angewandter Gewalt bekämpfen. Er erzählt von seiner Wut, die sich so aufgestaut hat, dass er seinen Vater töten wollte und zieht ein altes Foto aus seiner Brieftasche. Darauf ist Sister Agnes Patricia, seine Lehrerin, die ihm klar gemacht hat, wenn er das täte, dann wäre er genauso wie sein Vater, er würde im Gefängnis landen und gar nichts hätte sich verändert in dieser Welt. Da entschied er sich gegen Gewalt und startete seine Mission, die Welt zu einem besseren Ort zu machen als er sie vorgefunden hat, für Pferde und Menschen. „Wenn ein junger Mann einer alten Dame die Handtasche raubt, wie viele Täter gibt es?“ fragt Monty in die Gesprächsrunde. Einen, ist die gemeinschaftliche Antwort. „Und wie viele Opfer gibt es?“ Zwei Opfer sind es, die alte Dame ist das Opfer eines Handtaschenraubes und der junge Mann ist auch ein Opfer; ein Opfer von Umständen, die ihn zum Dieb gemacht haben. Aber du kannst etwas ändern, sagt er den Jugendlichen, erzähle deine Geschichte, schreib sie auf und mach es besser. Wenn er nur einen jungen Mann davon abhalten kann gewalttätig zu sein, seine Frau oder seine Kinder zu schlagen, dann hat er sein Ziel schon erreicht. Monty spricht mit jedem, direkt, klar aber ohne Einzelheiten. Er will nicht wissen, wer schuld war oder warum etwas passiert ist. Manchmal verpackt er auch die Antwort in eine Frage, weil er es meistens sowieso schon ahnt. Die Sozialarbeiter wundern sich, wie schnell die Jugendlichen Vertrauen fassen und wie offen sie erzählen; manche der Details haben die Betreuer selbst erst nach Wochen oder Monaten erfahren. „Hat dir schon einmal jemand gesagt, dass du wertvoll bist?“ fragt Monty die Jugendlichen weiter. Die Antworten verursachen Gänsehaut, sehr oft haben sie es nicht zu hören bekommen, manche auch gar nicht. Jeder von euch ist ein wertvoller Mensch sagt Monty den Jugendlichen, jeder kann etwas bewegen. Jeder kann etwas aus seinem Leben machen, erreichen was er will, wenn er bereit ist sich anzustrengen und zu lernen. Er fragt sie nach ihren Zukunftsplänen und spricht mit ihnen über den Wunsch nach Familie und über Berufe, die mit Computern oder Schuhen zu tun haben. Geduldig beantwortet Monty Roberts alle Fragen, denn er weiß selbst, aus eigener Erfahrung, wie wichtig es immer wieder war, dass sich jemand für ihn Zeit genommen hat und mit ihm gesprochen hat. Ein dunkelhaariges Mädchen ist während dieser Gespräche besonders verschlossen. Grimmige Blicke, verschränkte Arme, flapsige Antworten, keine Perspektiven und wenig Zukunftspläne. Du lebst in Westeuropa, sagt ihr Monty, du wirst immer zu essen haben und Möglichkeiten, eine Ausbildung zu machen um eigenes Geld zu verdienen. In anderen Teilen der Welt würde man dir so eine Chance nicht geben, also nütze diese hier. Das Mädchen sieht ihn an und zieht die Augenbrauen zusammen. Dann zeigen die Jugendlichen ihre Arbeit mit den Pferden, gemeinsam möchten sie die Stute und den Wallach von der einen Seite des Reitplatzes zur anderen bewegen – ohne Halfter und Strick, nicht führen sondern mit Körpersprache, mit leichten Berührungen, keinesfalls mit Gewalt oder laut. Sie sind ernsthaft bei der Sache, agieren ganz sanft, vorsichtig, mit unendlich viel Geduld. Eine Menge Gedanken machen sie sich, was dem Pferd vielleicht weh tut oder wie man sich ihm verständlich machen kann. Sie bleiben dabei, bis das Ziel erreicht ist. Die Erfahrungen, die sie dabei machen, sollen sie auf ihren Alltag und auf andere Menschen übertragen, denn mit den Pferden haben sie ein Gefühl dafür bekommen, wie Beziehungen funktionieren können. Und wir hoffen dass sie nicht so oft enttäuscht werden, dass sich jemand findet der aufmerksam ist und achtsam, zuhört und nicht vorschnell urteilt. Beim abschließenden Gruppenfoto dann, will das dunkelhaarige Mädchen unbedingt neben Monty stehen. Und dann kommt es natürlich genau so, wie es immer kommt, es passiert Monty Roberts ständig: da ist doch tatsächlich ein Pferd im Stall, das kein Join up kann. Beim Join up begegnen sich Mensch und Pferd in einem Roundpen. Das Pferd wird weder festgehalten noch festgebunden und hat somit Gelegenheit sich vom Menschen zu entfernen. Wenn es sich entscheidet wegzugehen, signalisiert der Mensch mit Körpersprache und Augenkontakt: „Ich bin einverstanden mit deiner Entscheidung zu fliehen, aber dann geh nicht nur ein Stückchen, sondern geh richtig weg.“ Die natürliche Fluchtdistanz von Pferden beträgt etwa 600 Meter. Danach überprüfen sie in der Regel ihre Entscheidung dahingehend, ob es Sinn macht weiter zu fliehen und damit weitere körperliche Energie zu verbrauchen oder ob es andere Möglichkeiten gibt. Das Pferd hat somit die Wahl zwischen weiterer Flucht oder Kontaktaufnahme und Kommunikation mit dem Menschen. Das Pferd als Fluchttier wäre allein in freier Wildbahn dem Tod ausgeliefert und wird instinktiv immer versuchen in den Schutz der Herde zurückzugelangen. Anzeichen für die Bereitschaft, sich dem Menschen anzuschließen sind das Ohrenspiel, Senken des Kopfes, Leck- und Kaubewegungen und ein enger werdender Zirkel. Sobald das Tier diese Gesten zeigt, nimmt auch der Mensch eine passive Haltung ein, wendet sich leicht ab, lässt die Schultern hängen, senkt die Arme und sieht dem Pferd nicht mehr in die Augen. Mit dieser Körpersprache signalisiert der Mensch dem Pferd, dass es sich nähern darf und keine Angst vor einem Angriff haben muss. Mit seiner Annäherung zeigt das Pferd, das es den Menschen als Leittier akzeptiert und ihm Vertrauen entgegenbringt. Zur positiven Verstärkung und Bestätigung streichelt der Mensch das Pferd auf der Stirn. Dies ist der Moment des Join-Up. Genau nach Lehrbuch hat das Mädchen alles probiert und das Pferd hat auch alle Kommunikationszeichen gezeigt. Aber dann will es sich nicht anschließen, es kommt nicht bis an die Schulter, kapiert es nicht. „Hat das Pferd es nicht richtig gemacht oder du?“ fragt Monty das Mädchen und lächelt sie an, denn die Pferde machen es instinktiv, alle 20.000 mit denen er bisher gearbeitet hat. Kurzerhand wird der Reitplatz abgeteilt, ein Roundpen improvisiert, Menschen stehen als natürliche Begrenzung hinter dem rotweißen Absperrband. Das Pferd kommt mit dem Stallhalfter und eine Longe wird ausgeliehen. Monty betritt den Platz und man merkt ihm seine 76 Jahren nicht an, wenn er durch den tiefen Sand des Reitplatzes läuft. Nebenbei erklärt er im Schnelldurchlauf die Theorie: Flucht des Pferdes in beide Richtungen, die vier Kommunikationszeichen, auf die er wartet und die auch prompt zu erkennen sind. Dann dreht er sich nach innen, passiv, mit gesenktem Blick und hängenden Schultern. Das Pferd dreht mit, nähert sich ein bisschen und bleibt einen guten Meter entfernt stehen. Es ist mucksmäuschenstill. Monty macht ein paar kleine Schritte bogenförmig auf das Pferd zu und zeigt nochmal klar und deutlich die einladende Geste. Er ist nicht enttäuscht oder sauer, er gibt dem Pferd einfach noch eine Chance seine Entscheidung zu überdenken und eine neue Entscheidung zu fällen. Und dann, ganz vorsichtig, kommt das Pferd zu Monty heran. Als Belohnung erhält es eine Streicheleinheit auf der Stirn zwischen den Augen, das ist der Moment des Join up. Man hört kein „na endlich!“ oder „geht doch!“ oder andere ernüchternde Kommentare. Einfach eine sofortige positive Konsequenz für das gewünschte Handeln. Die Jugendlichen beobachten genau seine sanfte Art, aber auch seine Beharrlichkeit. Er lobt positive Reaktionen und bleibt auch bei negativem Verhalten ruhig und entspannt. Dem Pferd hat er geduldig Zeit gegeben und wiederholt stille Einladungen kommuniziert. Und das ist es, was diese Jugendlichen hier auch brauchen: eine zweite Chance die richtige Entscheidung zu treffen. Das ist ganz klar in diesem Moment. Das Fehlverhalten von Jugendlichen wird leider oft auf ähnliche Weise behandelt, wie man auch konventionell mit Pferden umging. Zwang, Druck und übergriffige Therapien mit dem Ziel das Ego des Teenagers zu brechen sind vergleichbar mit den Methoden, die verwendet werden um Pferde zu brechen. Doch nur wenn man den Betroffenen an der Entscheidung beteiligt, kann man eine nachhaltige Veränderung in Gang bringen. Man muss ihnen nicht sagen, was sie falsch machen, das merken sie mit etwas Unterstützung meist selbst – wenn man sie hingegen im Richtigen bestärkt und reelle Möglichkeiten anbietet, können sie positive, intelligente Entscheidungen treffen, sowohl Pferde als auch Menschen. Erlebnisorientiertes Training von Menschen mit Pferden ist mehr als Pferdestreicheln, Cowboyromantik und Outdoor- Survivals. Pferde stellen eine Verbindung zum Menschen her, sie sind sehr gute Lehrmeister, man muss sich nur darauf einlassen, ihnen zuzuhören. Denn die Legende sagt, seit dem Moment in der Urzeit als dem ersten Pferd ein Halfter angelegt wurde, gab es einige wenige Menschen, die bis in die Seele dieser Pferde blicken konnten und ihre Angst verstanden. Weil man annahm, dass diese Menschen den Pferden geheime Zaubersprüche in die Ohren flüsterten, nannte man sie die Pferdeflüsterer. Das ist ein Mythos, denn Wahrheit und Realität sind evidenter. Gewalt gegen andere entsteht aus eigner Angst und diese Angst entsteht durch Unsicherheit und Unwissenheit. Nur durch friedliche Kommunikation können wir Wissen erlagen und Vertrauen gewinnen, das ist der Weg zu Toleranz und gegen Gewalt. Denn Gewalt ist niemals eine Lösung. Sie dient immer nur dem Täter, nie dem Opfer. Kein Lebewesen ist mit dem Privileg geboren einem anderen zu befehlen: mach, was ich dir sage oder ich werde dir wehtun. Das ist die Lektion, die Monty Roberts von den Pferden gelernt hat und weitergibt in seinen Büchern, die Millionen Menschen lesen, in seinen Shows mit nur vier Pferden aber 2000 Zuschauern pro Abend oder im kleinen Kreis, wie hier an einem Frühlingstag in Tirol.  

 Doris Semmelmann, 2011 Veröffentlicht im Magazin „Hufspuren“ September/Oktober 2011, Seite 27 ff.

und im Monty Roberts Newsletter June 2011 (english version)

Weiterführende Links: www.montyroberts.com www.carina-prantl.at Literatur: „Das Wissen der Pferde – und was wir Menschen von ihnen lernen können“; Monty Roberts im Lübbe Verlag

Du bist Du, so wie du bist.

Ein Charity Nachmittag mit dem Pferdeflüsterer Monty Roberts im Reitverein Corona. Neben der Pferdeflüsterei und den großen Veranstaltungen hat Monty Roberts immer noch Zeit und Energie für soziale Projekte. Während der Deutschland Tour 2004 waren tatsächlich ein paar freie Tage und so entstand die Idee, mal eben auf die Schnelle eine kostenlose Vorführung für Kinder und Jugendliche zu organisieren. Innerhalb weniger Tage sollte ich das Projekt umsetzen und konnte rund 50 Kinder einladen, einen Nachmittag mit dem Pferdeflüsterer zu verbringen. Ein Budget für solche Events gibt es natürlich nicht und so stellte der Reitverein Corona im Münchner Süden seine Örtlichkeiten und die Pferde zur Verfügung, Texas Trading den Roundpen und ein befreundetes Unternehmen borgte Beamer und Leinwand. Es waren fast 70 Kinder die teils aus der Nähe mit öffentlichen Verkehrsmitteln, mit Eltern oder über 100 Kilometer weit mit einem Bus für diesen Nachmittag eintrafen. Es waren sogenannte „Problemkinder“: geistig oder körperlich Behinderte, Waisen, Hyperaktive, Schwererziehbare und sie füllten gemeinsam mit ihren Begleitern, Erzieher und Eltern die Bänke die in der Reithalle aufgebaut waren. Zuerst hat Monty Roberts ihnen aus seinem Leben erzählt, von seiner Kindheit, über Vertrauen und Gewalt und dass Tiere seine besten Freunde waren. Die Menschen und auch sein Vater haben versucht, Kinder und Pferde mit Gewalt zu erziehen. Doch wenn man Gewalt anwendet, bekommt man irgendwann Gewalt zurück. Tiere sind da anders. Sie finden „Du bist Du, so wie Du bist“ und das reicht aus um akzeptiert und respektiert zu werden. Das zeigt auch die Geschichte von Shy-Boy, dem wilden Mustang. Begleitet von Filmausschnitten der BBC Dokumentation lauschen die Kinder dem Abenteuer von Shy-Boy, der in einer Wildpferdeherde in der Prärie lebt und vorher wahrscheinlich noch nie einen Menschen aus der Nähe gesehen hat. Durch Montys Methode das Vertrauen der Pferde zu gewinnen, schließt sich Shy-Boy dann den Menschen und den gerittenen Pferden an. Im Zuge des Experimentes wird er dann jedoch wieder frei gelassen und verbringt die ganze Nacht bei den Wildpferden. Bei Tagesanbruch kommt er dann zurück zu Monty und seinem Team. Dies ist das Ende der Geschichte und das Ende des ersten Teils der Veranstaltung. Zeit Fragen zu stellen und ein paar Kinder wollen wissen wo Shy-Boy jetzt ist oder auch was ein Cowboy so arbeitet. Eine Betreuerin meldet sich auch zu Wort und fragt, was man den tun könne, wenn ein Kind so gerne Kontakt zu Pferden hätte, aber gleichzeitig so viel Angst vor Pferden hat, dass es sich nicht in die Nähe traut. Eine allgemeingültige Antwort ist natürlich schwierig und Monty empfiehlt, dem Kind immer wieder Möglichkeiten anzubieten, Pferden zu begegnen. Im zweiten Teil der Veranstaltung zeigt eine von Montys Mitarbeiterinnen die Arbeit mit dem Pferd, ein Join up, die nonverbale Kommunikation zwischen Mensch und Pferd im Roundpen. Und zum krönenden Abschluß darf ein Kind gemeinsam mit Katja aus Montys Team nun ein Join up mit einem Pferd des Reitvereins versuchen. Wer traut sich? Die vorlauten Buben schauen jetzt eher auf den Boden oder in die Luft, ein oder zwei größere Mädchen melden sich. Ich beobachte ein kleineres Mädchen, das unsicher ist – mal meldet sie sich und dann zieht sie ihren Arm schnell wieder weg. Doch in dem Moment wo Montys Blick sie streift ist ihr Arm oben und er wählt sie aus. Gemeinsam mit Katja geht sie in den Roundpen und wird gefragt ob sie ein eigenes Pferd habe? „Nein“ sagt sie. Ob sie schonmal geritten sei? „Nein“ sagt sie wieder und dann kommt auch schon das Schulpferd herein und es geht los. Zusammen mit Katja gelingt ein perfektes Join up, das Schulpferd schließt sich dem kleinen Mädchen an und lässt sich von ihr auf der Stirn streicheln. Die beiden bekommen Applaus und damit ist die Vorstellung zu Ende. Die Kinder verabschieden sich und die Betreuerin, die die Frage zu dem ängstlichen Kind gestellt hat kommt nochmal heran. Wir alle können es fast nicht glauben, als sie mit bebender Stimme erzählt, dass das ängstliche Kind von dem sie vor der Pause sprach, gerade eben das Mädchen im Roundpen gewesen sei. Die Kleine hat irgendwie geahnt, dass ein Nachmittag mit dem Pferdeflüsterer die beste Gelegenheit ist, ihre Angst zu besiegen und den Pferden nahe zu kommen. Und Monty Roberts hat intuitiv genau dieses Kind ausgewählt, das sich an diesem Nachmittag seinen Traum erfüllt. Menschen und Pferde verbindet nicht nur eine gemeinsame Geschichte über die Jahrtausende und nicht nur Reiten und Sport in der heutigen Zeit. „There is something about the outside of a horse that is good for the inside of a man” soll Winston Churchill gesagt haben und er hat recht damit.

Doris Semmelmann, Juni 2004