Ein Workshop mit Monty Roberts für PTBS-Betroffene, im Oktober 2018 erstmals in Deutschland
Trüber könnte der Tag nicht sein, Ende Oktober, auf einem Pferdehof in Bayern. Langsam trudeln alle ein, zum Workshop Horse Sense & Healing mit ‚Pferdeflüsterer‘ Monty Roberts. Die Teilnehmer leiden an PTBS, Post-Traumatischer-Belastungsstörung. Sie haben ein Trauma erlebt und kämpfen aktuell mit dessen Folgen. Panikattacken, Flashbacks, Alpträume oder Schlafstörungen machen ihnen zu schaffen, ständige Anspannung und Atemnot. Sie alle haben Therapien hinter sich, Klinikaufenthalte, Medikamente. Durchaus hat manches geholfen, aber geheilt fühlt sich keiner. Nun wissen sie alle nicht so recht, was sie erwartet. „Muffensausen“ nennt es einer. Was immer ihnen dieser Pferdeflüsterer erzählen will, sie haben den Mut, es auszuprobieren.
(Fotos: Katrin Junker)


Monty Roberts ist eine charismatische Persönlichkeit. Während er anfängt zu erzählen, breitet sich im Reiterstübchen Wärme aus. An 1954 erinnert er sich zurück, als er als junger Mann in der Telefonseelsorge arbeitete und die Veteranen des Koreakriegs anriefen. Manchen hat der Kontakt zu Pferden geholfen, auch später dann den Veteranen aus Vietnam. Von PTBS sprach damals noch keiner. Erst in unserer Zeit wird diese Erkrankung beim Namen genannt.
Neben all den Pferdetrainings, Shows und Problempferden liegt Monty Roberts seit jeher die Arbeit mit Menschen am Herzen. So kam er 2010 auf die Idee, ein Experiment zu wagen. Er wollte 30 Ex-Soldaten, die an PTBS leiden auf seiner Farm in Kalifornien haben, für 30 Tage, und gemeinsam mit dem Military Channel der BBC dokumentieren, was sich verändert. Das Experiment fand statt, allergings mit ein paar Abstrichen: nur 3 Soldaten, nur 3 Tage. Trotzdem war es erfolgreich. Die Teilnehmer fanden zurück ins Leben, Symptome ließen nach, der Alltag erschien lebenswerter. Seither finden diese Workshops regelmäßig, mehrmals pro Jahr auf Montys Farm in Kalifornien statt. Auch in England gibt es Termine. Und nun auch in Deutschland.
Es ist eine Mischung aus Gesprächen in der Gruppe, mit den begleitenden Therapeuten und insbesondere auch untereinander. Dazu kommt die Arbeit mit den Pferden: Monty Roberts‘ Join-Up®. Jeder Teilnehmer hat Gelegenheit, nach ausführlicher theoretischer Erklärung und einem Praxistraining, bei dem ein anderer Teilnehmer das Pferd spielt, dann mit fachlicher Anleitung eines Instruktors, dieses Join-Up selbst auszuprobieren. Das ist das Herzstück des Workshops. Eine gezielte Kommunikation mit dem Pferd, bei der klare Signale gesendet werden und man auf ebenso klare Gesten des Pferdes als Rückmeldung wartet. Eine extrem wirksame Selbsterfahrung in vielerlei Hinsicht. Es geht um Vertrauen, Respekt und Sicherheit; um klare Kommunikation, Selbstregulation und ums Durchhalten. Auf eine nicht erklärbare Weise scheinen die Pferde den heilen Menschen hinter der traumatischen Verletzung zu sehen und diesen sichtbar zu machen.
Was sollen drei Tage schon bewirken, fragte sich mancher zu Beginn. Eine Statistik hält es fest: eine Verbesserung des persönlichen Befindens um 146%, vom ersten Tag des Workshops bis zum dritten. Resultate um die 150% erreichen alle diese Horse Sense & Healing Workshops, bestätigt diese Statistik. Ein noch besserer Beweis sind die lächelnden Gesichter auf dem Gruppenfoto zum Abschluss. „Die Zukunft sieht hell aus. Zum ersten Mal seit langem“, schreibt ein Teilnehmer ins Feedback-Formular. Dieses Gefühl, wenn das Pferd stark, warm und zugleich verletzlich an deiner Schulter steht, diesen Moment nimmt man mit in den Alltag, als Anker, als Ressource, als Kraft, die durch dunklere Zeiten hilft.
Oktober 2018